von M. Metzler
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23. Juni 2025
Am 5. Juni präsentierte der DS-Kurs des Jahrgangs 10 der IGS Gerhard Ertl vor Eltern, Lehrkräften, Mitschüler:innen und Gästen das Theaterstück „Eine Welt ohne Liebe?“. Die Aufführung fand im DS-Raum der Schule statt – und zeigte, was entstehen kann, wenn ein Kurs über Monate hinweg gemeinsam an einer Idee arbeitet. Entstanden ist das Stück im regulären DS-Unterricht: Die Entwicklung des Textes, die szenische Gestaltung sowie die schauspielerische Umsetzung waren Teil der Kursleistung – und wurden auch benotet. Schon in der Begrüßung machte die betreuende Lehrkraft Frau Greber deutlich, dass es sich um mehr als eine einmalige Aufführung handelte: Der Kurs blickt auf vier Jahre Unterricht im Fach Darstellendes Spiel zurück – mit vielen Warm-Ups, Gruppenprozessen, Improvisationen, Theaterbesuchen und gemeinsamer Arbeit an Ausdruck und Gestaltung. Das Ergebnis dieses Weges war an diesem Abend zu sehen. Das Stück selbst orientierte sich am Theaterkonzept von Bertolt Brecht, einem der einflussreichsten Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Brechts sogenanntes episches Theater verfolgt das Ziel, nicht nur zu unterhalten, sondern das Publikum zum Nachdenken zu bringen – über gesellschaftliche Probleme, Widersprüche und Strukturen. Um das zu erreichen, arbeitete Brecht mit sogenannten Verfremdungseffekten: Figuren sprechen das Publikum direkt an, Umbauten finden sichtbar statt, Rollenwechsel werden durch klare Requisiten kenntlich gemacht. Genau solche Mittel wurden auch in „Eine Welt ohne Liebe?“ verwendet. Im Zentrum des Stücks stand die Frage, was passiert, wenn Liebe fehlt – in Familien, in Freundschaften, in Beziehungen. In mehreren Szenen erzählten Jugendliche von ihren Erfahrungen: etwa Sophie, deren Eltern sich im Dauerstreit befinden, oder Nico, dessen Vater sich seit der Trennung kaum noch kümmert. Dabei wurden die Figuren nicht nur gespielt, sondern kommentierten ihr eigenes Handeln und das der anderen – ganz im Sinne Brechts. In der Schlussszene eskalierte die Handlung: Die Figur Ben, verletzt durch einen Vertrauensbruch unter Freunden, stellt in einem Online-Post die These auf, dass die Liebe abgeschafft werden sollte. Dieser Post geht viral, erhält Zuspruch von Politik und Medien – bis am Ende die gesamte Gesellschaft in Frage steht. Das Bühnenbild friert ein, einzelne Figuren verharren in typischen Posen unglücklicher Beziehungen. Zwei Schilder werden hochgehalten: „Und das war das Ende der Liebe.“ – „Wollen wir das?“ Die Aufführung war das Ergebnis intensiver gemeinsamer Arbeit – und das war auch spürbar. Die Rollenwechsel funktionierten reibungslos, Bühnenumbauten waren klar strukturiert, der Chor wurde wirkungsvoll eingesetzt. Eine Kollegin bilanzierte im Anschluss: „Es war beeindruckend, mit wie viel Energie und Konzentration die Schülerinnen und Schüler die Veranstaltung gerockt haben. Da hat jedes Rädchen gepasst.“ Frau Greber zeigte sich sehr stolz auf ihren Kurs, der nicht nur das Thema auf eigene Weise interpretiert, sondern auch mit viel Eigenverantwortung umgesetzt hat. Es war ein gelungener Abend – mit einem Stück, das keine einfachen Antworten gibt, aber wichtige Fragen stellt. Brechts Ziel, das Publikum zum Mitdenken anzuregen, wurde in diesem Fall auf zeitgemäße Weise erreicht.